Schwerpunktförderung Projekt Rötha 2013: Gedenktreffen Zukunft durch Erinnerung, Schlosspark

Förderverein Rötha - Gestern. Heute. Morgen. e. V.

Jahr der Förderung: 2013, Fördersumme: 80.000,00 €

Als Carol von Friesen 1592 das Rittergut in Rötha erwarb, ahnte er nicht, dass an seinem Wohnsitz einmal europäische Geschichte geschrieben würde. Im Jahr der Völkerschlacht kamen hier 1813 der russische Kaiser Alexander I., der österreichische Kaiser Franz I., der preußische König Friedrich Wilhelm III., Fürst Metternich, General Schwarzenberg und weitere wichtige Vertreter zusammen, um sich in der später so genannten „Völkerschlacht“ gegen Napoleon zu verbünden. Dieser historischen Wichtigkeit des Anwesens wurde im Lauf der Jahrhunderte, vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg, kaum Rechnung getragen. Die Familie von Friesen wurde von der sowjetischen Besatzungsmacht enteignet. Das Gebäude verfiel, wurde schließlich 1969 gesprengt und abgetragen; der seinerzeit wichtigste englische Landschaftsgarten der Region verwilderte. Zum 200. Jahrestag der Völkerschlacht im Jahr 2013 hat sich der Förderverein „Rötha – Gestern. Heute. Morgen e. V.“ das Ziel gesetzt, die europäische Bedeutsamkeit des Schlosses und damit auch der Stadt Rötha selbst wieder erlebbar zu machen. Dieses ebenso wegweisende als auch nachhaltige Engagement des Vereins unterstützt die Kultur- und Umweltstiftung Leipziger Land der Sparkasse Leipzig und fördert mit 200.000 Euro – der größten Zuwendung in der bisherigen Stiftungsgeschichte – folgende Projekte exklusiv: die Restauration des Schlossparks, die Maßnahmen und Projekte zur künftigen Entwicklung des Schlossareals und die Ausgestaltung der Gedenkveranstaltungen zum Jahrestag selbst. Als die Stadt Rötha im Jahr 1584 das 20 Kilometer südlich von Leipzig gelegene Rittergut zum Kauf anbot, dauerte es einige Jahre, bis sich mit Carol von Friesen, dem herzoglich-altenburgischen Geheimen Rat, Hofmarschall und Amtshauptmann zu Ronneburg, im Jahr 1592 ein ehrwürdiger Käufer fand. Der Familie von Friesen ist es zu verdanken, dass das Haus nach dem Dreißigjährigen Krieg um- und ausgebaut wurde. Zu sehr hatte der Krieg am Wohnsitz seine Spuren hinterlassen und gleichermaßen waren die Ansprüche der Bewohner gestiegen. So entwickelte sich aus dem Rittergut ein prächtiges Schloss: vier Eckpavillons und ein Hauptturm wurden errichtet, welche die Anmutung des Schlosses prägten. Zeitgleich wurde im Obergeschoss ein Festsaal angelegt, der einmal zum sogenannten „Verbündetenzimmer“ werden sollte. Neben diesen Umbauten am Schloss selbst richtete die Familie von Friesen auch die Umgebung herrschaftlich her. Der barocke Schlossgarten mit seinen zahlreichen Kanälen und Wasserbecken sowie die Orangerie wurden angelegt und von den Nachkommen nach und nach erweitert. Der anfangs einfache, frühbarocke Park wurde stetig ausgebaut und von Friedrich Freiherr von Friesen (1796 – 1871) in einen bedeutenden englischen Landschaftspark umgewandelt, bevor Otto Heinrich Freiherr von Friesen (1831 – 1910) Rötha schließlich zum Zentrum des Gartenbaus, des Baumschulwesens, des Obstanbaus und der Obstverwertung entwickelte. Inmitten dieses prächtigen Landschaftsidylls wurden 1813 die maßgeblichen Weichen für die künftige Neuordnung Europas gestellt. Schloss und Stadt beherbergten vom 16. bis 18. Oktober 1813 das Hauptquartier der Alliierten, die täglich zu ihren Lagebesprechungen gegen den französischen Feldherren Napoleon im Schloss zusammenkamen. Friedrich Wilhelm III. von Preußen, Franz I. von Österreich und Alexander I. von Russland trafen gemeinsam mit General Schwarzenberg und Fürst Metternich im Schloss Rötha die wichtigsten strategischen und taktischen Entscheidungen, die zum Ausgang der Schlacht führten und damit den Verlauf der europäischen Geschichte prägten. Auch wurde der einstige Graf Metternich hier durch Kaiser Franz I. von Österreich in den Fürstenstand erhoben. „Rötha plötzlich Weltmittelpunkt, es war nicht zu fassen“, lässt Erich Loest dazu seinen Protagonisten Niebecker in der Erzählung „Sechs Eichen bei Rötha“ sprechen. Was Erich Loest mit seiner Erzählung anlässlich des 200. Jahrestags der Völkerschlacht literarisch zum Leben wiedererweckt, möchte der Förderverein Rötha im Gedenkjahr 2013 für Besucher sichtbar und begehbar werden lassen. Die drei von der Kultur- und Umweltstiftung Leipziger Land geförderten Projekte des Fördervereins sind dabei wesentlich für das Erreichen dieser Zielsetzung. Walter Christian Steinbach, Vorsitzender des Fördervereins „Rötha – Gestern. Heute. Morgen e. V.“ beschreibt die Vorhaben folgendermaßen: „Für das Jahr 2013, wenn in und um Leipzig der 200. Jahrestag der Völkerschlacht begangen wird, ist Rötha als Hauptquartier der Alliierten ein im hohen Maße authentischer Ort. Und weil mit der Sprengung des Schlosses, wo die Militärs einst logierten, im Jahr 1969 die Seele unserer Stadt nachhaltig beschädigt wurde, müssen die Gedenkfeiern 2013 auch die Rolle Röthas für den Ausgang der Schlacht und für die Neuordnung Europas im 19. Jahrhundert erfahrbar machen.“ Bereits im Jahr 2011 unterstützte die Kultur- und Umweltstiftung Leipziger Land mit Blick auf den 200. Jahrestag der Völkerschlacht den Verein und förderte Grabungen rund um das Schloss. Diese brachten Mauern und slawische Keramik zutage, die es nun der Geschichte gebührend zu präsentieren gilt. Dazu hat der Förderverein Rötha geplant, im Vorjahr des 200. Jahrestags der Völkerschlacht im Rahmen der „denkmal 2012″ der Leipziger Messe ein Wettbewerbsverfahren „Zukunft durch Erinnerung“ für die Gestaltung des Schlossareals einzuberufen. Aus den dort gewonnen Erkenntnissen soll 2013 eine Ausstellung gestaltet werden. An die Förderung der Grabung anschließend unterstützt die Kultur- und Umweltstiftung Leipziger Land deshalb auch die Weiterführung des Projekts und stellt dem Verein 70.000 Euro zur Verfügung. Davon sollen der Architekturwettbewerb ausgeschrieben werden und die Darstellung im Anschluss umgesetzt werden können. Im Gedenkjahr selbst plant der Förderverein die Familienoberhäupter der maßgeblich in die Entscheidungen der Völkerschlacht im Jahr 1813 involvierten Familien zu den Gedenkveranstaltungen nach Rötha einzuladen – etwa die Habsburger, die Hohenzollern, die Romanows, die Metternichs, die Schwarzenbergs und weitere wichtige Vertreter. Zudem soll, so ist es vom Verein geplant, der Organist von Notre Dame, Paris, auf der 1721 von Christian August Freiherr von Friesen gespendeten Orgel von Gottfried Silbermann spielen. Die Kultur- und Umweltstiftung Leipziger Land der Sparkasse Leipzig unterstützt die Ausgestaltung der Gedenkveranstaltungen. Für eine ehrwürdige Präsentation des Schlosses zu den Gedenkveranstaltungen gehört auch die Wiedergewinnung des Parks in seinen historischen Dimensionen. Obgleich der Park heute noch zum Verweilen einlädt, erinnert kaum noch ein Fleckchen an den damaligen Glanz der Landschaft, die weit über Röthas Grenzen hinaus bewundert wurde. Wie andere Herrenhäuser und Schlösser in der sowjetischen Besatzungszone fiel auch das Schloss Rötha unter die Gesetze der Bodenreform. Die Familie von Friesen wurde nach 350 Jahren Besitzung enteignet. Pläne zur dauerhaften Etablierung eines Museums und damit zur Erhaltung des Schlosses scheiterten an den ideologischen Rahmenbedingungen und am schadhaften Zustand des Gebäudes als Folge des Braunkohleabbaus. Der Förderverein will deshalb mit der Restaurierung des Parks ein nachhaltiges Zeichen zur Wiederherstellung der Bedeutsamkeit der Landschaft setzen, wofür die Kultur- und Umweltstiftung Leipziger Land 80.000 Euro bereitstellt, ohne die die Wiederherrichtung des Parks undenkbar wäre. Wenn die Rahmenbedingungen stimmen, wäre es sogar möglich, dass Rötha damit wieder europäische Geschichte schreibt. Der Förderverein wünscht sich die Verabschiedung einer Einheits- und Friedens-Erklärung an die Jugend Europas im Rahmen der Gedenkveranstaltungen. „Damit“, so Steinbach, „könnte der Jahrestag noch einmal eine richtige Wende bekommen.“ von Kathleen Bendick
Zum 200. Mal jährte sich im Oktober 2013 die Völkerschlacht bei Leipzig. Das Ereignis vom 16. bis 19. Oktober 1813 war die Entscheidungsschlacht der Befreiungskriege im Kampf der alliierten Österreicher, Preußen, Russen und Schweden gegen die Truppen Napoleon Bonapartes – und eine der wichtigsten Weichenstellungen für die Zukunft Europas, die die Region Leipzig ins Zentrum der Weltgeschichte rückte. Vier Tage lang waren bis zu 600.000 Soldaten an der Schlacht um die Vorherrschaft in Europa beteiligt. 100.000 getötete und verwundete Menschen zeigen die Härte der damaligen Kämpfe. Nach der Niederlage bei Leipzig musste sich der französische Kaiser nach Westen über den Rhein zurückziehen, der Weg war frei für die Neuordnung der europäischen Machtverhältnisse auf dem Wiener Kongress. Um gemeinsam der Opfer der Völkerschlacht zu gedenken und um an die Zerbrechlichkeit des Friedens auch in unserer heutigen Zeit zu erinnern, kamen vom 16. bis 19. Oktober 2013 Repräsentanten europäischer Fürstenhäuser – Nachfahren der 1813 involvierten Häuser – auf Einladung der Kultur- und Umweltstiftung der Sparkasse Leipzig und des „Förderverein Rötha – Gestern. Heute. Morgen. e. V.“ in Leipzig und Rötha zu einem Gedenktreffen zusammen. Zu den Gästen zählten unter anderem Georg und Eilika Erzherzog und Erzherzogin von Österreich, Georgi Michailowitsch Großfürst von Russland, Heinrich und Thyra Prinz und Prinzessin von Hannover Herzog und Herzogin zu Braunschweig und Lüneburg, Alexander und Gisela Prinz und Prinzessin von Sachsen, Pierre und Anastasia Graf und Gräfin von Bennigsen sowie Nikolaus und Ursula Fürst und Fürstin Blücher von Wahlstatt. Am Ende der viertägigen Veranstaltungen unterzeichneten die Repräsentanten der Fürstenhäuser ein gemeinsames Kommuniqué (siehe Seite …). Es mahnt Europas Entscheidungsträger in Politik, Gesellschaft, Wirtschaft und Medien, das gemeinsame Haus Europa in seinen Fundamenten zu stärken und in seinem Umfeld zu befrieden – eine Forderung, die auch im Angesicht des wenig später ausgebrochenen Ukraine-Konflikts besondere Aktualität gewonnen hat. Seit dem 8. Juli 2014 trägt eine Gedenktafel an der Villa Ida, dem Sitz der Stiftungen der Sparkasse Leipzig, den Text des Kommuniqués, das die 17 Repräsentanten der europäischen Fürstenhäuser unterzeichnet hatten. „Erinnerung sollte mehr sein als bloßes Andenken. Sie sollte auch Bedeutung gewinnen für unser heutiges Denken und Handeln“, fasste Dr. Harald Langenfeld, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Leipzig, die Intention des Gedenktreffens ebenso wie die des Kommuniqués während der Enthüllung der Bronzetafel zusammen: „Vor einiger Zeit noch schien die Gefahr kriegerischer Auseinandersetzungen in Europa in weiter Ferne. Heute führen uns die in Osteuropa aufgeflammten bewaffneten Konflikte schmerzhaft vor Augen, dass ein friedliches Miteinander in Europa weiterhin keine Selbstverständlichkeit ist“, so Langenfeld weiter. Regionale Auseinandersetzungen könnten nach wie vor eine gefährliche Eigendynamik gewinnen und auch das heutige Europa an den Rand eines Krieges führen. Aktuelle Entwicklungen stellten Entscheidungsträger wie Bürger vor die Herausforderung, das Friedensprojekt Europa weiter voranzutreiben. An der Enthüllung der Gedenktafel nahmen zahlreiche der Unterzeichner aus den europäischen Fürstenhäusern teil, darunter unter anderem Georgi Michailowitsch Großfürst von Russland; Franz Friedrich Prinz von Preußen; Heinrich Prinz von Hannover; stellvertretend für das sächsische Königshaus, ihren Neffen Alexander, Maria Josefa Prinzessin von Sachsen, sowie Michael-Benedikt Prinz von Sachsen-Weimar-Eisenach. Das Kommuniqué Fürstenhäuser 1813 – 2013 200 Jahre nach der Völkerschlacht haben wir uns in Leipzig eingefunden, um der unvorstellbar großen Zahl von Opfern der bis dato größten Feldschlacht der Menschheitsgeschichte in Achtung zu gedenken. Wir rufen uns die Toten ebenso wie die Verwundeten, die gefallenen Soldaten aller Nationen und Länder und die unter Krieg und Zerstörung leidende Zivilbevölkerung in mahnende Erinnerung. Die historischen Wirkungsstätten unserer Vorfahren müssen wir kennenlernen. Europas Fürstenhäuser, das Heilige Römische Reich Deutscher Nation, die Mediatisierung durch den Reichsdeputationshauptschluss und die Völkerschlacht sind Begriffe einer Epoche, die längst vergangen scheint und die doch bis in die heutige Zeit eine starke Wirkung auf die Menschen in Europa entfaltet. Aus diesem historischen Bewusstsein heraus erwächst uns die Verantwortung und Pflicht, familiäre Traditionen, kulturelle Schätze und christliche Werte zu wahren und sie an nachfolgende Generationen weiterzugeben. Wir sind nach Leipzig gekommen aus geschichtlicher Neugier und wir haben europäische Gegenwart und Zukunft getroffen – in einer Stadt der Freiheit, in der unzählige Nationen in Frieden und Würde und im Wortsinne „in Vielfalt vereint“ das historische Ereignis reflektieren! Wir sind dankbar, dass in 23 Jahren Demokratie in Sachsen nach Jahrzehnten staatlich gelenkter Geschichtsdeutung ein neues Verständnis für unsere gemeinsame Vergangenheit geschaffen wurde. Wir haben in Leipzig erlebt, wie die Kämpfe unserer Vorväter Erfüllung finden, indem die Feindschaft erlischt. Wir wünschten, dass Entscheidungsträger in Politik und Gesellschaft, in Wirtschaft und Medien ihr Handeln, den Bürgern und Gästen Leipzigs folgend, darauf ausrichteten, das gemeinsame Haus Europa in seinem Umfeld zu befrieden und in seinen Fundamenten zu stärken. Leipzig, Mediencampus Villa Ida am 19. Oktober 2013 / 8. Juli 2014 Georg Erzherzog von Österreich Franz Friedrich Prinz von Preußen Georgi Michailowitsch Großfürst von Russland Heinrich Prinz von Hannover Herzog zu Braunschweig und Lüneburg Michael-Benedikt Prinz von Sachsen-Weimar-Eisenach Alexander Prinz von Sachsen Heinrich XIV. Fürst Reuß Alexander Fürst zu Schaumburg-Lippe Dr. Georg Prinz zur Lippe-Weißenfeld Rudolf Herzog von Croy Alexander Fürst zu Sayn-Wittgenstein-Sayn Maximilian Graf zu Solms-Laubach Nicolaus Herzog von Leuchtenberg de Beauharnais Nikolaus Fürst Blücher von Wahlstatt Lukas Graf Blücher von Wahlstatt Pierre Graf von Bennigsen Heinrich Freiherr von Friesen
Web: http://www.foerderverein-roetha.de/

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