Zerstörter Erinnerungsort

Familie von Friesen übergibt Sparkassenstiftung Einrichtungsgegen­stände des einstigen "Verbündetenzimmers", das im 1969 gesprengten Schloss Rötha an die Völkerschlacht bei Leipzig erinnerte.

Leipzig/Rötha, der 15. April 2019. Seit Ende März 2019 ist die Kultur- und Umweltstiftung Leipziger Land der Sparkasse Leipzig offizielle Eigentümerin zahlreicher Einrichtungsgegenstände des sogenannten "Verbündetenzim­mers" des früheren Schlosses in Rötha. "Es sind Schätze eines zerstörten Erinnerungsortes, für die wir - wie bereits zuvor für die noch vorhandenen Bände der Schlossbibliothek - nun die Verantwortung übernehmen", erklärt Stephan Seeger, Geschäftsführender Vorstand der Kultur- und Umwelt­stif­tung und Direktor Stiftungen der Sparkasse Leipzig. Zu den überlassenen Gegenständen gehören unter anderem Dokumente wie der Kaufvertrag über das Rittergut Rötha aus dem Jahr 1592, wertvolle Porzellane unter anderem aus Meißen, mehrere Porträtbüsten, zahlreiche Möbelstücke und Gemälde.

Die Schlossbibliothek war der Sparkassenstiftung von Heinrich Freiherr von Friesen, dem letzten noch auf Schloss Rötha aufgewachsenen von Friesen, übertragen worden. Auch die Einrichtungsgegenstände des ehemaligen Speisezimmers des Schlosses Rötha, wegen seiner Nutzung im Jahr 1813 besser als "Verbündetenzimmer" bekannt, wollte Heinrich Freiherr von Friesen der Sparkassenstiftung übereignen. Sein Tod kam der Umsetzung des Vorhabens zuvor - Heinrich Freiherr von Friesen verstarb 2017.

Die nun erfolgte vertragliche Übereignung der Gegenstände ist dem Engagement seines Neffen und Erben, Dr. Alexander Freiherr von Friesen, zu danken: "Wir freuen uns sehr, dass Dr. Alexander Freiherr von Friesen dem Wunsch seines Onkels folgt und uns die Obhut über dieses wichtige Kulturgut aus dem Röthaer Schloss anvertraut", so Stephan Seeger.

Dr. Alexander Freiherr von Friesen erklärte: "Aus Verbundenheit zu seiner alten Heimat Sachsen und Rötha war es der Wunsch meines Onkels, dass eines Tages, wenn eine geeignete museale Unterbringungsmöglichkeit in Rötha zur Verfügung steht, alle Gegenstände wieder in Rötha zusammengeführt werden und das Verbündetenzimmer in alter Pracht gezeigt wird. Diesem Wunsch bin ich sehr gern gefolgt."

Das sogenannte "Verbündetenzimmer" entstand nach der Völkerschlacht bei Leipzig 1813 auf Betreiben der Eigentümerfamilie des Schlosses Rötha, dem Geschlecht der Freiherren von Friesen. Im Schloss kamen im Oktober 1813 Kaiser Franz I. von Österreich, Zar Alexander I. von Russland und Preußenkönig Friedrich Wilhelm III. sowie Fürst Karl Philipp zu Schwarzen­berg anlässlich der Völkerschlacht bei Leipzig zu ihren strategischen Bera­tun­gen zusammen. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs war die Familie von Friesen enteignet worden, zahlreiche Einrichtungsgegenstände aus dem Schloss, darunter auch die wertvolle Bibliothek und Teile des "Verbündeten­zimmers", wanderten unter anderem in museale Einrichtungen in ganz Sachsen. 1969 wurde das Schloss gesprengt. Im Zuge der Wiederver­ei­ni­gung erlangte Heinrich Freiherr von Friesen die Eigentumsrechte zurück.

Derzeit sind die übertragenen Teile des "Verbündetenzimmers" über meh­rere Standorte verteilt. Wesentliche Einrichtungsgegenstände, darunter eine Porträtbüste von Napoleon Bonaparte, eine Prunkporzellanvase aus der Meißener Porzellanmanufaktur oder ein Circulationsofen, werden seit Sep­tember 2013 als Leihgabe in der Patronatsloge der Marienkirche in Rötha ausgestellt. Die bemerkenswerte Ausstellung war 2013 zu den Gedenk­feierlichkeiten anlässlich des 200. Jahrestages der Völkerschacht vom "För­derverein Rötha - Gestern. Heute. Morgen. e. V." organisiert und rea­lisiert worden; sie wurde seinerzeit vom "Kulturraum Leipziger Raum" gefördert.

Sobald die erforderlichen musealen und standortgemäßen Bedingungen zur Verfügung stehen, sollen sowohl die auf Stiftungs-Initiative an der Säch­si­schen Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden bereits zusammengeführte und in den Katalog aufgenommene Schlossbibliothek als auch das Verbündetenzimmer in Rötha ihre neue, alte Heimat finden. Diese Bedingungen zu schaffen und zu finanzieren, wird allerdings noch langen Atem erfordern und ist nur mit Unterstützung aller an dem Vorhaben inter­essierten Kräfte, von der öffentlichen Hand bis hin zum bürgerschaf­tlichen Engagement der Vereine vor Ort, realisierbar.

Mit der Schlossbibliothek und dem "Verbündetenzimmer" wird auch die Erinnerung an die Familie der Freiherren von Friesen und ihr jahrhun­derte­langes Wirken für das Land und die Region wach gehalten. Dass dies mit einer Schenkung der Familie geschieht, steht in der Tradition derer von Friesen: Bereits die beiden weltberühmten Silbermann-Orgeln in St. Marien und St. Georgen zu Rötha sind ein kulturelles Erbe der Familie.


Förderprojekte:
10.000,00 € - Kultur- und Umweltstiftung Leipziger Land